Rio+20 läuft noch, doch 20 Jahre nach den Visionen des ersten großen Erdgipfels bleiben wir im Frust der Realitäten gefangen. Die Erwartungen an diese Weltkonferenz waren beschaulich. Manch ein politischer Kopf versuchte daraus, die Hoffnung zu schöpfen, dass so wenigstens kleine Fortschritte als Erfolge und Neuanfänge wirken könnten – quasi als Gegenentwurf zu den hohen Erwartungen an die UN-Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen, wo alle so viel erhofften, so wenig herauskam und der Frust sich bis heute tief in die Seelen von KlimaschützerInnen gegraben hat.

Also wurden dieses Mal realistische, niedrige, kleine Hoffnungen und Entwürfe angedacht. Ein bisschen mehr Meeeresschutz, ein bisschen mehr Ansehen für die UNEP (das Umweltprogramm der UN) und ein Konzept der Green Economy, das die Wirtschaft zur Freundin von Umwelt und Entwicklung macht. Nun ist das Abschlussdokument schon vor Beginn der eigentlichen Konferenz quasi beschlossen und enthält noch viel weniger, als das ohnehin gering geplante. Eine Zeitung schrieb, dass die Beschlüsse dieses Gipfels vermutlich nicht die CO2-Emissionen derer auszugleichen vermögen, die zu ihr hinflogen. Das könnte wahr sein. Aber es bleibt zu hoffen, dass die NGO-VertreterInnen zumindest die Gelegenheit zur gegenseitigen Vernetzung gut nutzen und es ihnen gelingt, in allem Frust über die Ergebnisse von heute, die gemeinsamen Träume für morgen wiederzuentdecken.

Die Herausforderungen, vor denen wir stehen sind riesig, sind erschlagend, sind frustrierend: Armut, Hunger, Krankheiten, Klimawandel, sich ausbreitende Wüsten und Naturkatastrophen, leergefischte Meere, gerodete Wälder. Die Liste kann lange fortgesetzt werden. Aber wie wollen wir das überwinden, wenn wir nicht den Mut zum Träumen zurück gewinnen? Woher soll die Kraft für diese Menschheitsherausforderung kommen, wenn nicht aus wilden, überschäumenden, bunten, gemeinsam ausgemalten Visionen von mehr Gerechtigkeit und Gleichheit, guter Bildung, reichen Meeren und Wäldern, sauberer Energie, der Freiheit für Menschen, ihre Leben selber zu gestalten und bei all dem viel Bewusstsein für Freundschaft, Familie, Liebe, Gemeinschaft und das all dieses so viel mehr trägt als unnötiger Konsum.

Lasst uns wieder träumen, alleine, gemeinsam und in allen Sprachen und Bildern – denn nur dann wird diese Herkulesaufgabe realistisch zu meistern sein!